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Stellenabbau in der Automobilzulieferindustrie und die Rolle der IG Metall

Aug 17, 2023Aug 17, 2023

Seit Monaten vergeht keine Woche, ohne dass die Automobilzulieferindustrie Hunderte von Entlassungen und die Schließung ganzer Werke ankündigt. Betroffen sind häufig strukturschwache Regionen, in denen es nahezu unmöglich ist, einen neuen Arbeitsplatz zu finden.

Hier sind einige der aktuellsten Fälle:

Kontinentalwird sein Werk in Gifhorn (Niedersachsen) bis Ende 2027 schließen. Von der Schließung sind 900 Arbeitnehmer betroffen.

ZF Friedrichshafen schließt sein Stoßdämpferwerk in Eitorf (Nordrhein-Westfalen) mit 700 Mitarbeitern und das Getriebewerk in Brandenburg mit 1.500 Arbeitsplätzen ist akut bedroht. Auch an ZF-Standorten im Saarland, in Niedersachsen und Bayern sind Arbeitsplätze gefährdet.

Schaeffler baut in seinem Komponentenwerk für Verbrennungsmotoren im bayerischen Ingolstadt 100 von 500 Stellen ab. Schaeffler will in den nächsten Monaten weltweit 1.300 von rund 80.000 Arbeitsplätzen abbauen.

Marelliwird sein Werk im thüringischen Brotterode, in dem 900 Mitarbeiter Autoscheinwerfer herstellen, im März 2024 schließen.

Fehrerschließt bis Ende 2024 seine beiden nordbayerischen Werke in Großlangheim und Wiesentheid, die zusammen 370 Mitarbeiter beschäftigen und Komponenten und Zierteile für den Fahrzeuginnenraum produzieren.

Otto Fuchsplant den Abbau von 500 bis 600 der knapp 3.000 Stellen in seiner Automobilsparte im Sauerland (NRW).

Magnawill seine Rückspiegelproduktion im bayerischen Dorfprozelten schrittweise schließen: 250 von 450 Mitarbeitern werden vorerst bis 2027 weiterbeschäftigt. Sein Werk in Bad Windsheim (ebenfalls Bayern) hatte der Konzern bereits zum Jahresende geschlossen von 2022.

Lear trennt sich von der Licht- und Audiosparte und plant den Abbau von 380 Arbeitsplätzen im nordbayerischen Kronach. In Baden-Württemberg, Bremen und im thüringischen Eisenach bangen Hunderte weitere Arbeiter, die Autositze herstellen, um ihren Arbeitsplatz. Das Lear-Werk im hessischen Ginsheim-Gustavsburg, in dem 250 Arbeiter Autositze für Opel-Rüsselsheim produzierten, ist bereits geschlossen.

Andere Autozulieferer planen, in den kommenden Monaten Stellen abzubauenStabilin Koblenz andJoyson,AbrufenUndWaldaschaffim bayerischen Obermaingebiet.

Diese Entlassungswelle hält schon seit längerem an. Zwischen 2018 und 2022 sank die Zahl der Beschäftigten in der deutschen Automobilzulieferindustrie von 311.000 auf 274.000, was einem Verlust von 37.000 Arbeitsplätzen entspricht.

In vielen Fällen haben die Betroffenen um ihren Arbeitsplatz gekämpft. Zum Beispiel im hessischen Karben, wo Continental vor zwei Jahren ein Werk mit über tausend Arbeitsplätzen schloss, oder bei Marelli in Brotterode, wo mit einem unbefristeten Streik gedroht wurde. Aber die Arbeiter waren immer nicht nur mit rücksichtslosen Managern konfrontiert, sondern auch mit der IG Metall und ihren Firmenfunktionären.

Die IG Metall (IGM) verfügt über enorme Macht in der Automobil- und Zulieferindustrie. Viele der 2,17 Millionen Mitglieder sind in dieser Branche tätig. IGM-Funktionäre und Betriebsratsvertreter sitzen in den Aufsichtsräten aller großen Automobil- und Zuliefererunternehmen und sind deutschlandweit und international eng vernetzt. Sie nutzen diese Macht nicht, um Arbeitsplätze zu verteidigen, sondern um die Verteidigung von Arbeitsplätzen zu sabotieren.

Wenn es vor Ort Ärger gibt, organisieren sie gelegentlich Proteste und drohen sogar mit „Kämpfen“, um nicht die Kontrolle über den Widerstand zu verlieren. Aber den Worten folgen nie Taten. Sie isolieren den Protest, weigern sich, Unterstützung in anderen Werken des Konzerns oder der Branche zu mobilisieren und verkaufen schließlich die Arbeitsplätze im Austausch für einen „Sozialtarifvertrag“ oder das Versprechen, die Schließung um einige Monate zu verschieben.

Ohne das Verständnis dieser Rolle der IG Metall kann kein einziger Arbeitsplatz verteidigt werden. Der Kampf gegen Lohn-, Sozial- und Stellenabbau erfordert einen Bruch mit den Gewerkschaftsapparaten und den Aufbau unabhängiger Aktionskomitees. In diesem Zusammenhang lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die Automobilindustrie und ihre Zulieferer zu werfen. Kaum anderswo ist der Bankrott der vielgepriesenen „Sozialpartnerschaft“ und die Verwandlung der Gewerkschaften in Unternehmensmitverwalter und Betriebspolizei so offensichtlich.

Der Automobilsektor ist der wichtigste Industriezweig in Deutschland. Im Jahr 2021 setzte das Unternehmen 411 Milliarden Euro um und beschäftigte direkt 786.000 Menschen. Drei Viertel des Umsatzes entfielen auf die Automobilhersteller, ein Fünftel (80 Milliarden Euro) auf die Zulieferindustrie. Rechnet man Autohäuser, den Ersatzteilhandel und andere Nebenbranchen hinzu, sind 2,2 Millionen und damit 7 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze direkt von der Automobilindustrie abhängig.

Allerdings wird die Automobilindustrie in nahezu beispiellosem Maße von global agierenden Konzernen dominiert. Die Lieferketten erstrecken sich über zahlreiche Ländergrenzen. Während weniger komplexe Betriebe in Billiglohnländer ausgelagert wurden, sind allein in Deutschland 140.000 Arbeiter der Automobilindustrie in der Forschung beschäftigt.

Ein großer Teil der in Deutschland produzierten Autos wird exportiert. Eine besonders wichtige Rolle spielen Luxusmodelle von Porsche, BMW, Mercedes und Audi. Im Jahr 2021 erwirtschafteten deutsche Automobilkonzerne zwei Drittel ihres Umsatzes im Ausland. Darüber hinaus unterhalten sie zahlreiche Werke im europäischen Ausland, in China sowie in Nord- und Südamerika. Im Jahr 2022 wurden 3,5 Millionen Pkw in Deutschland selbst und 9,6 Millionen Pkw deutscher Konzernmarken im Ausland produziert.

Noch ausgeprägter ist diese internationale Verflechtung in der Zulieferindustrie. Teilweise hochspezialisierte Unternehmen unterhalten Anlagen an Hunderten von Standorten in mehreren Dutzend Ländern. Bisher war Deutschland, gefolgt von Japan, Weltmarktführer in diesem Bereich.

Der führende Zulieferer Bosch beschäftigt 400.000 Mitarbeiter in 60 Ländern und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von 45 Milliarden Euro. 140.000 davon arbeiten an 85 deutschen Standorten. Continental (Platz drei im Weltranking) beschäftigt 241.000 Mitarbeiter an 540 Standorten in 60 Ländern, ZF Friedrichshafen (Platz vier) 150.000 an 230 Standorten in 40 Ländern. Schaeffler ist an 170 Standorten in 50 Ländern vertreten, beschäftigt 92.000 Mitarbeiter und ist zudem Großaktionär von Continental.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche international tätige deutsche Anbieter, deren Namen der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt sind: Brose (Coburg) mit 26.000 Mitarbeitern an 63 Standorten in 23 Ländern; Fritz Dräxlmaier (Vilsbiburg) mit 75.000 Mitarbeitern an 60 Standorten in 20 Ländern; LEONI (Nürnberg) mit 95.000 Mitarbeitern in 32 Ländern; HELLA mit 39.000 Mitarbeitern an 125 Standorten in 35 Ländern und vielen mehr.

Diese Zulieferer trennen sich ständig von Fabriken und ganzen Unternehmensbereichen und kaufen neue auf, um ihre Ergebnisse zu optimieren und den letzten Cent Profit aus der Arbeiterklasse herauszupressen. Einige von ihnen sind auch in anderen Branchen aktiv, wie etwa Bosch, das auch Haushaltsgeräte, Elektrowerkzeuge und mehr herstellt.

Wie die gesamte Automobilindustrie gerät auch die Zulieferindustrie zunehmend unter internationalen Wettbewerbsdruck. Im Jahr 2002 gehörte nur ein asiatisches Unternehmen zu den zehn größten Zulieferern der Welt. Im Jahr 2012 waren es bereits fünf aus Japan und Südkorea. Mittlerweile liegt der chinesische Batteriehersteller CATL auf dem zweiten Platz hinter Bosch.

Der weltweite Kampf um Marktanteile und Gewinne wird durch die Folgen der Coronavirus-Pandemie und des Ukraine-Krieges weiter verschärft, die zu Engpässen in der Lieferkette, steigenden Energiepreisen, Chip-Knappheit und starken Umsatzeinbußen geführt haben. Hinzu kommt der Umstieg auf Elektrofahrzeuge, der hohe Investitionskosten erfordert und viele aufwändige Technologien entwertet, bei denen deutsche Unternehmen führend waren.

Unterdessen schlagen deutsche Unternehmen Alarm. Am vergangenen Donnerstag veröffentlichte das Beratungsunternehmen PwC eine Studie, nach der deutsche Automobilzulieferer seit 2019 einen Weltmarktanteil von 2,7 Prozentpunkten verloren haben – „so viel, wie sie zuvor in 20 Jahren mühsam gewinnen konnten“ – und auch dabei sind Letzter Platz in Bezug auf die Gewinnmarge. „Die Wettbewerbsfähigkeit ist akut gefährdet – und es gerät bereits ins Schleudern.“

Der Kampf um globale Marktanteile und Profite wird auf dem Rücken der Arbeiterklasse rücksichtslos geführt. Die Löhne werden gesenkt, die Ausbeutung erhöht und Fabrikteile und ganze Werke, die keine Spitzenrenditen erwirtschaften, werden geschlossen. Dabei verschmelzen Unternehmen, Regierungen und Gewerkschaften zu einem einheitlichen Ganzen. Sie greifen zunehmend offen auf Handelskriegsmaßnahmen und nackte Gewalt zurück, um sich Zugang zu Rohstoffen, Marktanteilen und billigen Arbeitskräften zu verschaffen und ihre Rivalen in die Knie zu zwingen.

So gilt beispielsweise der Inflation Reduction Act, mit dem Präsident Biden unter dem Vorwand des Klimaschutzes und der Energiesicherheit US-Konzerne mit 430 Milliarden US-Dollar subventioniert, in Europa als protektionistische Maßnahme, die europäische Unternehmen benachteiligt.

Die Europäische Union und die Bundesregierung wehren sich mit der gleichen Waffe. So erhält allein der Elektronikriese Intel staatliche Zuschüsse in Höhe von zehn Milliarden Euro für den Bau einer Chipfabrik in Magdeburg. Weitere 10 Milliarden Euro sind für zwei Chipfabriken in Dresden vorgesehen. Und das alles unter Bedingungen, über die die Bundesregierung seit Wochen streitet, weil angeblich ein paar Milliarden Euro zur Reduzierung der Kinderarmut nicht aufzubringen sind!

Die USA haben aggressive Sanktionen gegen China verhängt, die das Land von zukunftsweisenden Technologien abschneiden und so seinen wirtschaftlichen Aufstieg bremsen sollen. Beispielsweise hat Washington verfügt, dass Mikrochips der neuesten Generation und Maschinen zu deren Herstellung nicht mehr nach China geliefert werden dürfen. Auch Europa hat sich dieser Kampagne angeschlossen.

Der Kampf um Rohstoffe, Märkte und Profite wird nicht nur mit wirtschaftlichen, sondern auch mit militärischen Waffen ausgetragen. Während sich die Kriege der USA und ihrer europäischen Verbündeten im Nahen Osten in den letzten drei Jahrzehnten hauptsächlich um Öl drehten, stehen heute strategische Rohstoffe wie Lithium und seltene Erden im Zentrum imperialistischer Konflikte.

Aus diesem Grund schürt die NATO rücksichtslos den Krieg in der Ukraine und investiert Dutzende Milliarden, um Russland militärisch zu besiegen. Sowohl Russland als auch die Ukraine selbst verfügen über große Mengen dieser strategischen Rohstoffe. Zudem soll die Atommacht Russland als potenzieller Verbündeter Chinas eliminiert werden, das sowohl von den USA als auch der EU offiziell zum „strategischen Rivalen“ erklärt wurde.

Die Entwicklungen in der Automobil- und Zulieferindustrie zeigen wie unter einem Mikroskop die ganze Irrationalität des kapitalistischen Systems, die Marx bereits in seinem Hauptwerk „Das Kapital“ offengelegt hatte.

Der enorme technologische Fortschritt in den Bereichen Informationstechnologie und erneuerbare Energien, die in der Autoindustrie eine wichtige Rolle spielen, dient nicht der Arbeitserleichterung und der Lösung sozialer Probleme wie der Klimakrise, sondern der Steigerung der Gewinne milliardenschwerer Konzerne um das Leben der Arbeiterklasse unerträglich zu machen. Anstelle von sozialem Fortschritt führen technologische Innovationen zu sozialem Rückschritt und Krieg, der den Fortbestand der Menschheit bedroht.

Die Gewerkschaften sind keine Gegner dieser Entwicklung, sondern gehören zu ihren treibenden Kräften. Ihr Wandel von reformistischen Arbeiterorganisationen zu Co-Managern und Handlangern der Unternehmen begann vor vier Jahrzehnten mit der Globalisierung der Produktion.

Während des wirtschaftlichen Aufschwungs der Nachkriegszeit, als die Produktion noch stärker auf nationaler Ebene konzentriert wurde, hatten sie die Strategie verfolgt, ihren Mitgliedern einen „gerechten“ Anteil am Wachstum zu sichern. Sie sprachen oft von einem „Kuchen“, der geteilt werden sollte, und manchmal organisierten sie unter dem Druck ihrer Mitglieder sogar Streiks, um ein größeres Stück vom Kuchen zu bekommen.

Die in den 1980er Jahren einsetzende Globalisierung der Produktion hat ihnen diese Möglichkeit genommen. Die Liberalisierung der Handels- und Finanzmärkte wurde unter den Regierungen Ronald Reagan, Margaret Thatcher und Helmut Kohl umgesetzt. Niedrigere Transportkosten und die Verbesserung der globalen Kommunikation ermöglichten es Unternehmen, ihre Produktion in Länder zu verlagern, in denen die Löhne günstig, die Steuern niedrig und die Infrastruktur optimal war.

Die Gewerkschaften reagierten, indem sie sich zu Lakaien der Unternehmen machten. Obwohl der „Kuchen“ heute deutlich ungerechter verteilt ist als noch vor 40 Jahren: Ein Manager eines der im Dax notierten deutschen Top-Unternehmen verdient 70 statt 15 Mal so viel wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer, und große Konzerne machen im Dax vierteljährlich Gewinne Dutzende Milliarden – die Gewerkschaften leugnen jeden Interessenkonflikt zwischen Arbeitern und Kapital.

Sehen Sie sich das Video an, in dem Arbeiter auf internationaler Ebene erklären, warum Sie für die WSWS spenden sollten.

Sie haben sich der neoliberalen Theorie angeschlossen, dass es den Arbeitnehmern umso besser geht, je mehr Gewinne fließen. Statt für die Aufteilung des nationalen „Kuchens“ zwischen Arbeit und Kapital kämpfen sie nun für einen größeren Anteil deutscher Konzerne am Weltmarkt. Sie kämpfen für die Wettbewerbsfähigkeit des „Industriestandorts Deutschland“ – auch wenn dies für ihre Mitglieder Entlassungen, Lohnkürzungen und verstärkte Ausbeutung bedeutet.

Sie tun dies, weil sie selbst davon reichlich profitieren. Ein Gewerkschaftsfunktionär oder ein Betriebsratsvertreter (der von der Arbeit am Fließband entbunden wird) verdient deutlich mehr als ein Fließbandarbeiter. Gerade in der Metall- und Stahlindustrie werden Gewerkschaftssekretäre und Betriebsratsvorsitzende am Ende ihrer Karriere nicht selten mit Vorstandsposten belohnt, die ihnen ein Gehalt von einer Million Euro und eine satte Rente einbringen.

Dieser Wandel der Gewerkschaften ist nicht auf Deutschland beschränkt, sondern hat überall auf der Welt stattgefunden. Doch in Deutschland mit der gesetzlich verankerten „Mitbestimmung“ (gemeint sein soll die Arbeitnehmervertretung im Betrieb und im Vorstand) nimmt sie besonders ausgeprägte Formen an. Die Gewerkschaften verfügen über ein Heer von Vertrauensleuten in den Fabriken und Tausende von Betriebsratsvertretern, die von den Unternehmen bezahlt werden. Sie sitzen in Aufsichtsräten großer Unternehmen und verfügen mit der Hans-Böckler-Stiftung über eine Einrichtung, die mit 220 hauptamtlichen Mitarbeitern und einem Jahresbudget von 80 Millionen Euro Wirtschaftsforschung betreibt und Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre ausbildet.

Die IG Metall bezeichnet sich mit mehr als zwei Millionen Mitgliedern nicht nur als die größte Gewerkschaft der Welt, ihr Präsident Jörg Hofmann ist auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender von Volkswagen, dem größten Automobilkonzern der Welt, und Mitglied der Aufsichtsrat von Bosch, dem weltweit größten Zulieferer. Er geht auch im Kanzleramt ein und aus und spielt eine führende Rolle bei regelmäßigen Treffen zwischen Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden.

Die IG Metall veranstaltet in Zusammenarbeit mit der Hans-Böckler-Stiftung jährlich eine „Lieferantenkonferenz“, bei der Betriebsräte und Gewerkschaftsfunktionäre auf ihre Rolle als Co-Geschäftsführer vereidigt werden. Alarmiert durch die Entlassungswelle in der Zulieferindustrie verabschiedete die diesjährige Konferenz, die am 29. März im Maritim Airport Hotel in Hannover unter Beteiligung von Jörg Hofmann stattfand, eine „Hannover-Erklärung“.

Es war symptomatisch für die Umwandlung der Gewerkschaften in Unternehmensorganisationen. Die IG Metall hat den unersättlichen Konzernbossen und Finanzhaien, die die weltweiten Angriffe auf die Autoarbeiter vorantreiben, nicht den Krieg erklärt, sondern sie bittet sie, ihre Hilfe im „Transformationsprozess“ in Anspruch zu nehmen. Über weite Strecken liest sich die Stellungnahme wie die Arbeit einer Unternehmensberatung, die Konzernen Ratschläge gibt, wie sie ihre Gewinne optimieren können.

„Wir beobachten mit Sorge“, heißt es darin, „dass sich Unternehmen ihrer Verantwortung, die Zukunft gemeinsam mit uns auf Augenhöhe zu gestalten, nicht stellen: Solche elementaren Veränderungsprozesse gelingen nur gemeinsam.“ Und: „Die Branche zukunftsfähig zu entwickeln und den Wandel sozial und ökologisch zu gestalten, sind zentrale Aufgaben von Politik, Unternehmen und Gewerkschaften gleichermaßen.“

Die Erklärung fordert die Unternehmen auf, bei der Neugestaltung des Produktportfolios im Zuge der Transformation „gemeinsam mit den Betriebsräten an neuen Geschäftsmodellen mit zukunftsfähigen Produkten zu arbeiten“. Im Rahmen der Konferenz fanden Workshops statt, in denen Gewerkschaftssekretär Dr. Raphael Menez gemeinsam mit Betriebsratsvertretern die „Zukunftsfähigkeit ihres Standorts“ erarbeitete. Menez, der das „Transformationsteam“ im IGM-Bezirk Stuttgart leitet, kommentierte: „Keine Strategie, keine Zukunft.“ Deshalb müssen Betriebsräte auch strategische Ziele benennen.“

Die „Hannover-Erklärung“ ist von einem Nationalismus durchdrungen, hinter dem selbst die rechtsextreme Alternative für Deutschland (AfD) verblasst. Obwohl die meisten Arbeiter in den betroffenen Konzernen außerhalb Deutschlands beschäftigt sind und es in vielen dieser Konzerne internationale Betriebsräte gibt, die von der IG Metall dominiert werden, gibt es kein einziges Wort über das Schicksal dieser Arbeiter. An die Stelle der internationalen Solidarität, zu der die IG Metall in der Vergangenheit manchmal nur Lippenbekenntnisse gab, gilt der Sankt-Florian-Grundsatz: „Bitte verschone mein Haus, zünde ein anderes an!“

„Ziel muss es sein, die industrielle Wertschöpfung in Deutschland zu erhalten“, heißt es in der Stellungnahme. „Der Strukturwandel in der Automobil- und Zulieferindustrie darf nicht zu Lasten der Arbeitnehmer in Deutschland gehen.“

Und was ist mit den Arbeitern an anderen Standorten? Geht es nach der IG Metall, dürfte der „Strukturwandel“ zu ihren Lasten gehen.

Auch die IG Metall bietet ihre Dienste den Unternehmen an, um die Bundesregierung zu härteren Handelskriegsmaßnahmen und zur Lockerung weiterer milliardenschwerer Subventionen zu drängen. „Auch Deutschland und Europa müssen eine aktive und strategische Industriepolitik verfolgen, damit Europa zum Leitmarkt für eine erfolgreiche Energie- und Mobilitätswende werden kann“, heißt es in der „Hannover-Erklärung“ mit Bezug auf Bidens Inflationsbekämpfungsgesetz.

Auch die IG Metall fordert von der Bundesregierung Unterstützung beim Abbau weiterer Stellen: „Es müssen auch arbeitsmarktpolitische Instrumente zur Verfügung gestellt werden, um Übergänge in andere Betriebe zu erleichtern, wenn eine Weiterbeschäftigung im Betrieb nicht mehr möglich ist.“

Es ist offensichtlich, dass Arbeitsplätze und soziale Errungenschaften nicht mit einer Gewerkschaft verteidigt werden können, die den „Transformationsprozess“ in enger Zusammenarbeit mit den Unternehmensvorständen vorantreibt.

Der Stellenabbau in der deutschen Auto- und Zulieferindustrie ist Teil eines umfassenden Angriffs auf die internationale Arbeiterklasse, der durch die steigenden Rüstungs- und Kriegsausgaben noch verschärft wird. Weltweit explodieren die Rüstungsausgaben. Gigantische Summen werden in die Erneuerung der Atomwaffenarsenale, den Ausbau der Streitkräfte und die Finanzierung des Ukraine-Krieges gesteckt.

Dieses Geld soll aus der Arbeiterklasse herausgepresst werden. Die von Bundeskanzler Scholz angekündigte „neue Ära“ kann nur durch Kürzungen bei Sozialausgaben und Löhnen finanziert werden. Es darf nicht vergessen werden, dass Hitler 1933 von den bürgerlichen Parteien an die Macht gebracht und ermächtigt wurde, eine Diktatur zu errichten, um die Arbeiterbewegung zu zerschlagen und die Wirtschaft auf Kriegsproduktion umzustellen.

Niemand sollte glauben, dass so etwas nicht noch einmal passieren könnte. Viele große Automobil- und Zulieferunternehmen sind noch immer im Besitz von Familien wie den Porsches, Piëchs, Quandts, Klattens, Schaefflers usw., die unter Hitler durch „Arisierung“ und Zwangsarbeit reich geworden waren.

Überall entwickelt sich Widerstand gegen diese Angriffe. In den USA beispielsweise stimmten erst letzte Woche die 150.000 Arbeiter der „Großen Drei“ – Ford, General Motors und Stellantis – mit 97 Prozent für einen Streik für bessere Löhne. Bleibt dieser Widerstand unter gewerkschaftlicher Kontrolle, ist er zum Scheitern verurteilt. Die Verteidigung von Grundrechten, Einkommen und Arbeitsplätzen erfordert eine Strategie, die der „Sozialpartnerschaft“ der Gewerkschaften unversöhnlich entgegensteht:

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